Ein erfahrener Energieplaner erklärt, wie man den Ersatz einer fossilen Heizung bei Stockwerkeigentum am besten anpackt und wie man mit Stolpersteinen umgeht.
Soll in einer Liegenschaft mit Stockwerkeigentum die Heizung erneuert werden, ist das in der Regel eine Sache für die Eigentümerversammlung. Es lohnt sich, den Heizungsersatz frühzeitig anzugehen, weil in den vergangenen Jahren viele Kantone zum Erreichen ihrer energie- und klimapolitischen Ziele festgelegt haben, dass Öl-, Gas- und Elektroheizungen nicht mehr 1:1 ersetzt werden dürfen. Daher gilt es, den Wechsel auf ein erneuerbares Heizsystem wie eine Wärmepumpe, eine Holzheizung oder ein Fernwärmenetz vorzubereiten.
Die Energie- und Betriebskosten erneuerbarer Heizsysteme sind meist tiefer als die der fossilen Anlagen, die Anfangsinvestitionen jedoch tendenziell höher als bei einem (theoretischen) 1:1-Ersatz. Es ist deshalb wichtig, die Höhe der Rückstellungen im Erneuerungsfonds zu prüfen. «Oft geht es vergessen oder wird es abgelehnt, die Akontozahlungen in den Fonds zu erhöhen», sagt Energieplaner Adrian Meier von der GT Planung GmbH aus Neuhausen am Rheinfall. Er berät regelmässig Stockwerkeigentümerschaften zum Heizungsersatz. «Es empfiehlt sich, die Beiträge frühzeitig anzupassen, um beim Umstieg auf ein erneuerbares Heizsysteme eine ungenügende Finanzierung zu vermeiden.»
Heizungsersatz finanzieren
Reichen die Mittel aus dem Erneuerungsfonds nicht aus, sollte man rechtzeitig das Gespräch mit einem Finanzinstitut suchen, um Möglichkeiten zur Finanzierung wie die Erhöhung der Hypothek zu besprechen und in die bauliche und zeitliche Planung zu integrieren. Bei einer Kreditvergabe müssen Banken übrigens die Einkommensverhältnisse und / oder den Liegenschaftswert neu überprüfen.
Gut zu wissen: Bund, Kantone und teilweise auch die Gemeinden sowie weitere Akteure unterstützen den Umstieg von einem fossilen auf ein erneuerbares Heizsystem finanziell. Auf der Plattform www.energiefranken.ch kann man mittels Standortsuche selbst prüfen, welche Förderbeiträge verfügbar sind. Je nach Grösse und Typ der neuen Heizung belaufen sich die Beträge auf mehrere Tausend Franken. Zudem lassen sich Investitionen, die dem Energiesparen dienen, von den Steuern abziehen. Auch die Einzahlungen in den Erneuerungsfonds sind abzugsberechtigt, die Ausgaben hingegen nicht.
Das Gesamtbild entscheidet
Insgesamt sind die Investitionskosten für den Umstieg auf eine erneuerbare Heizung in der Regel deutlich tiefer, als es auf den ersten Blick scheint. Vor allem profitieren Eigentümerschaften bei erneuerbaren Systemen von tieferen Energiekosten, weil die Energie günstiger ist als der Kauf von Öl oder Gas. Über die ganze Lebensdauer schneiden Wärmepumpe und Co. deshalb grundsätzlich besser ab als fossile Heizungen. «Wenn die Wärmepumpe mit einer Photovoltaikanlage kombiniert wird, kann man einen Teil des benötigten Stroms selbst produzieren und ist damit weniger abhängig von den Schwankungen der Strompreise», sagt Meier. Bei Erdsonden-Wärmepumpen sei zu bedenken, dass deren Anschaffungskosten wegen der Sondenbohrung höher ausfallen als bei anderen Systemen. «Die Erdsonde hält aber viel länger als die Heizung, weshalb der Ersatz dann deutlich günstiger ist als die Erstinstallation.» Zudem ist der Strombedarf tiefer als bei einer Luft-Wasser-Wärmepumpe.
Impulsberatung «erneuerbar heizen»
Um beim Heizungsersatz eine Lösung zu finden, die für alle Miteigentümerschaften stimmt, ist eine fundierte Beratung wichtig. So hat man für die Diskussion eine belastbare Grundlage mit konkreten Zahlen und kann verschiedene Varianten vergleichen. Die vom Bund finanzierte Impulsberatung «erneuerbar heizen» ist ein kostenloses Angebot, das sich für eine Auslegeordnung zu diesem Thema besonders eignet (siehe Infobox).
Adrian Meier führt regelmässig Impulsberatungen bei Stockwerkeigentümerschaften durch. Dazu gehören nebst einer Begehung vor Ort mit anschliessender Beratung auch ein Heizkostenvergleich möglicher Systeme mit den Investitions-, Energie- und Unterhaltskosten über 20 Jahre. «Ich kann den Eigentümerschaften zudem die CO2-Bilanz der verschiedenen Systeme zeigen», ergänzt Meier. Dazu kommen detaillierte Planungsgrundlagen, etwa für Erdsonden: In einem Kataster trägt er die möglichen Bohrpunkte ein, damit die Kunden den baulichen Umfang besser nachvollziehen können. Ein wichtiger Teil seiner Arbeit ist es auch, die Erkenntnisse aus der Impulsberatung an der Eigentümerschaftsversammlung zu präsentieren und anschliessend Fragen zu beantworten. «Um herauszufinden, welches erneuerbare Heizsystem am besten zu einer Immobilie passt, ist die Impulsberatung das optimale Hilfsmittel», fasst Meier zusammen.
Von der Beratung zum Heizungsersatz
Wie sich aus einer Impulsberatung ein konkretes Sanierungsprojekt ergibt, zeigt das Beispiel einer Liegenschaft in Schaffhausen. Es handelt sich dabei um zwei baugleiche Mehrfamilienhäuser mit je fünf Wohnungen im Stockwerkeigentum, die durch eine gemeinsame Tiefgarage verbunden sind. Beheizt wurden die im Jahr 2000 fertiggestellten Gebäude lange Jahre mit zwei separaten Gasheizungen, die zuletzt 2012 ersetzt worden waren. Obwohl diese noch nicht das Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben, wollten die Eigentümerschaften frühzeitig den Umstieg auf ein erneuerbares System angehen. Die Verwaltung beauftragte Adrian Meier Anfang 2023 mit einer Impulsberatung, die Ergebnisse präsentierte er an einer Eigentümerschaftsversammlung. «Diese entschied sich, die Gasheizungen durch Luft-Wasser-Wärmepumpen zu ersetzen.»
Künftig werden pro Gebäude jeweils zwei Luft-Wasser-Wärmepumpen mit einer Leistung von je 13,5 Kilowatt die Wärmeenergie für die Raumheizung erzeugen. Der Entscheid für zwei kleinere anstelle einer grossen Wärmepumpe fiel deshalb, weil Erstere geringere Lärmemissionen verursachen. Die Warmwasserversorgung übernimmt ein Wärmepumpenboiler mit einem Speichervolumen von 450 Litern. Dieser ist so positioniert, dass die trockene Abluft in den Trocknungsraum geblasen wird – so kann meist auf den stromintensiven Betrieb des Trockners verzichtet werden.
Energiekosten und CO2-Ausstoss deutlich reduziert
Die Energiekosten für Heizung und Warmwasser werden sich pro Gebäude von knapp 9000 Franken pro Jahr (Gas) auf 5500 Franken (Strom, Tarif 2024) reduzieren, die jährliche Einsparung beträgt also 3500 Franken. Sollten die Strompreise künftig wieder sinken, wird die Einsparung noch grösser ausfallen. Die Stockwerkeigentümerschaften senken aber nicht nur die Betriebskosten, sondern auch den ökologischen Fussabdruck ihrer Immobilie – die alte Gasheizung stiess bisher pro Gebäude und Jahr mehr als 15 000 Kilo CO2 aus. Der Umstieg auf ein erneuerbares Heizsystem tut also der Umwelt ebenso gut wie dem Portemonnaie.
Impulsberatung «erneuerbar heizen»
Die Impulsberatung «erneuerbar heizen» ist ein Angebot des Bundes, das Eigentümerschaften von Ein- und Mehrfamilienhäusern kostenlos in Anspruch nehmen können. Dabei besichtigt eine Fachperson das Gebäude und gibt im persönlichen Gespräch einen Überblick zu den Möglichkeiten, die bestehende Heizung durch ein erneuerbares Heizsystem zu ersetzen. Auch eine grobe Kostenschätzung und Tipps zum weiteren Vorgehen sind Teil der unverbindlichen Beratung. Eine Impulsberaterin oder einen Impulsberater in der Nähe finden Sie hier.