17.01.2023
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So wechselt der Kanton Tessin auf erneuerbare Heizsysteme

In der Schweiz sind noch immer rund 900’000 fossil betriebene Heizanlagen in Betrieb und mehr als 100’000 davon sind äusserst ineffiziente elektrische Direktheizungen. Um die Klima- und Energieziele im Gebäudebereich zu erreichen, müssen diese bis 2050 durch erneuerbare, effiziente Heizsysteme ersetzt werden. Regierungsrat Claudio Zali, Vorsitzender des Departements für Bau, Umwelt und Verkehr, erläutert, wie er im Kanton Tessin vorgehen will.

Welche Vorschriften sind derzeit für den Ersatz des Wärmeerzeugers im Kanton in Kraft und welche Lösungen werden von den Tessiner Hauseigentümern hauptsächlich gewählt?

Der Rechtsrahmen ist durch das kantonale Energiegesetz und das entsprechende Reglement für die Energienutzung gegeben. Eine jüngste Änderung des kantonalen Energiegesetzes, die auch den Austausch der Heizsysteme betrifft, wurde bereits vom Parlament angenommen und tritt voraussichtlich in Kürze in Kraft. Was die gewählten Lösungen anbelangt, zeigen die statistischen Daten zu den Baubewilligungsverfahren in unserem Kanton, dass 2021 bei Ersatz der Heizanlagen die Wahl in 65 % der Fälle auf Anlagen fiel, die erneuerbare Energien nutzen. Diese Tendenz stieg 2022. In diesem Jahr betrafen die Investitionen in dieser Richtung 80 % der Fälle.

Welches sind Ihrer Erfahrung nach die wichtigsten Herausforderungen für die Bürger beim Umstieg auf ein erneuerbares Heizsystem?

Trotz verschiedener bereitgestellter Fördermittel konnten wir feststellen, dass vor allem das Fehlen von Eigenkapital kleine Eigentümer davon abhält, diese Art von Investition zu tätigen. An diesem Aspekt müssen wir arbeiten und in Zusammenarbeit mit den Bankinstituten informelle und begünstigte Finanzierungen in breiterem Masse zugänglich machen, um Heizanlagen zu erneuern oder die Installation einer Photovoltaikanlage zu ermöglichen.

Wie werden die Hauseigentümer im Kanton Tessin bei diesem Übergang bzw. bei dem kurzfristigen Verzicht auf fossile Brennstoffe unterstützt?

Seit circa zwanzig Jahren führt der Kanton Programme zur Förderung erneuerbarer Energien durch. Zurzeit sind zwei spezifische Förderprogramme in Kraft: Das erste sieht Förderbeiträge für den Umstieg von elektrischen oder fossil betriebenen Heizungsanlagen auf den Einsatz erneuerbarer Quellen vor. Ich denke hier an Wärmepumpen, Pelletheizungen oder die Anbindung an Fernwärmenetze. Das zweite Programm ist eigens der Installation von Photovoltaik-Solarmodulen gewidmet.

Das Programm «Erneuerbar heizen» informiert vor allem Hauseigentümer über mögliche erneuerbare Heizsysteme. Wie bewerten Sie das Programm?

Wir gehen von dem Grundsatz aus, dass jede Massnahme, die erneuerbare Energien fördert, an sich eine gute Massnahme ist. Das Programm «Erneuerbar heizen» richtet sich auf Wohngebäude, die im kantonalen Kontext für etwa ein Drittel des Energieverbrauchs verantwortlich sind.

Es handelt sich folglich um einen zentralen Sektor, auf den wir uns konzentrieren müssen. In diesem Zusammenhang trägt das Programm «Erneuerbar heizen» zur Sensibilisierung der Hauseigentümer bezüglich unterschiedlicher Heizsysteme und der Bedeutung der in diesem Bereich getroffenen Entscheidungen bei. Es wirkt daran mit, Kenntnislücken zu füllen und Vorurteile abzubauen, die leider immer noch gegenüber dem Einsatz erneuerbarer Energiequellen bestehen.

Welche Ratschläge können Sie den Bürgern der Gesamtschweiz, die noch eine fossile Heizung oder eine elektrische Direktheizung haben, (insbesondere im Hinblick auf die Verfahren) geben?

Die Frage lässt sich nicht leicht für alle beantworten, da die Verfahren auf Kantonsebene geregelt sind. Im Tessin schreiben das Baugesetz und das entsprechende Anwendungsreglement vor, dass bei Ersatz der Heizungsanlage ein förmliches Baubewilligungsverfahren erforderlich ist. Mein Rat ist daher, sich vorab bei der eigenen Gemeinde über die zu befolgenden Schritte zu informieren. Allerdings ist festzustellen, dass auch die Kompetenzen der Installateure inzwischen gewachsen sind. So kommt es immer häufiger vor, dass sie das Baubewilligungsverfahren spontan selbst auf sich nehmen. Rechtzeitig Informationen einholen ist also grundlegend, um für den Ersatz der eigenen Anlage bereit zu sein.

Beabsichtigt der Kanton Tessin in Kürze weitere gesetzliche Schritte zu unternehmen, um die CO2-Emissionen im Gebäudebereich auf Null zu reduzieren, bzw. wo liegen die nächsten Prioritäten?

Im Laufe des Jahres 2021 hat das Tessiner Parlament drei Botschaften des Bundesrates angenommen, die in diese Richtung gehen. Vor allem wurde der Fonds für erneuerbare Energien bestätigt, der bis Ende 2021 mehr als 6’300 Photovoltaikanlagen finanziert hat. Ferner wurde ein neuer Kredit für die Förderprogramme im Energiebereich, darunter die Sanierung von Gebäuden und entsprechenden Anlagen, bewilligt, in deren Rahmen seit einem Jahrzehnt über 8’600 Förderanträge genehmigt wurden. Nicht zuletzt hat die Regierung eine Gesetzesänderung angenommen, die voraussichtlich in Kürze in Kraft tritt und die auf die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien im Immobilienbestand mit daraus folgender Verringerung der CO2-Emissionen in Gebäuden abzielt. Doch dabei bleiben wir nicht stehen. Zurzeit wägen wir die nächsten Schritte ab, vor allem im Bereich der Förderung. Das zu erreichende Ziel ist klar: eine Gesellschaft, die ausschliesslich erneuerbare Energien nutzt und null CO2-Emissionen produziert.

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